Bewertungsschema nach Josef Koller

Vorab ein Hinweis, dass die Bewertung von Buckfastbienen unterliegt vom Grundsatz her keiner Mathematik. Im Wesentlichen ist die Beobachtungsgabe des Imkers gefragt. Für den christlichen Benediktinermönch Bruder Adam (Karl Kehrle) gab es nach Aussage von Jean-Marie van Dyck nur 5 (!) subjektive Abstufungen für jeden Bewertungspunkt. „6“ steht demnach also nur für den extrem positiven Ausnahmefall. Wir sollten uns als Züchter bei der Bewertung unserer Zuchtvölker wieder auf diese Wurzeln besinnen. Mit diesem neuen Wissen werden wir sicherlich zukünftig die „6“ etwas weniger oft verwenden.


Bewertungsschema:

Wenn für Bruder Adam ein Volk in einem Auswertungspunkt wirklich außergewöhnlich war, ergänzte er die „5“ mit einem kleinen kabbalistischen Symbol neben der „5“. Ob er dafür den 6. Buchstaben im hebräischen Alphabet „ = Vav“ verwendete, wissen wir nicht. Die Hieroglyphe von „Vav“ oder auch „Waw“ erinnert an einen „Haken“ oder einen „Nagel“. In der Bibel des Christentums steht die „6“ für Vollkommenheit, Vollendung, die sechs Tage der Schöpfung. Auch in anderen Weltreligionen und der Antike hat die Zahl „6“ eine besondere Bedeutung.

Dieses hebräische Zeichen konnte nur Bruder Adam richtig zuordnen und übersetzen. Da wir das nicht können und auch nicht mehr sicher wissen, regte Jean-Marie van Dyck an, in diesem Ausnahmefall eine „6“ zu setzen. 5 ist sehr gut, 4 ist etwas weniger gut, aber entspricht durchaus den Erwartungen, 3 ist etwas weniger als der Schnitt, eher unbefriedigend, 2 ist schlecht, sodass es nicht durch eine andere exzellente Eigenschaft aufgehoben werden kann, 1 ist definitiv auszuschließen, einfach sehr schlecht.

Im Wesentlichen folge ich bei der Eigenschaftsbewertung diesem Schema.

Es werden folgende Eigenschaften mit Noten zwischen 1 und 6 (1 = schlechtester Wert, 6 bester Wert) bewertet:

(Wie erwähnt, wird die Bewertung „6“ nur bei einer wirklich herausragenden Eigenschaft eines Volkes verwendet!)

Beispiel eines Bewertungseintrages

Erläuterungen zu den einzelnen Bewertungspunkten: (Die Bewertungen können in ganze Zahlen auf- oder abgerundet werden!)

Überwinterung

Im ausklingenden Winter (je nach Standort Anfang bis Mitte März) zählt man die Anzahl der besetzten Waben.

Für jeden Stand wird der Durchschnitt der besetzten Waben berechnet. Der Durchschnitt ist der Wert 3,5.

Beispiel: Standort A

Volk 1: 9 W, Volk 2: 10 W, Volk 3: 6 W, Volk 4: 7, Volk 5: 9 W, Volk 6: 12 W

Durchschnitt: 53 Waben geteilt durch 6 Völker sind im Durchschnitt 8,8 Waben (entspricht der Bewertung 3,5).

Die Bewertung errechnet sich wie folgt:

Volk 1 sitzt auf 9 Waben.

(9,0 x 3,5) : 8,8 = 3,6

Volk 2 hätte den Wert:

(10,0 x 3,5) : 8,8 = 4,0

usw.

Bei dieser Berechnungsmethode ist es z. B. egal, ob die Bienen in einer warmen oder kalten Gegend stehen. Es wird immer der jeweilige Standortmittelwert errechnet. Die über dem Durchschnitt liegenden Völker werden entsprechend besser bewertet, die unterdurchschnittlichen schlechter! Somit ist gewährleistet, dass auch Völker unterschiedlicher Standorte miteinander verglichen werden können.

Dieses Berechnungsschema wird auch bei etlichen anderen Eigenschaften herangezogen (z. B. Frühjahrsentwicklung, Honigertrag, usw.)

Frühjahrsentwicklung

Hier wird der Tag der Honigraumfreigabe als Berechnungsgrundlage verwendet.

Beispiel: Standort A

Volk 1 Honigraum aufgesetzt am: 15.04., Volk 2 aufgesetzt am: 19.04., Volk 3 am: 26.04., Volk 4 am: 18.04., Volk 5 am: 02.05., Volk 6 am: 07.05.

Der Mittelwert der Honigraumfreigabe des Standortes A wäre: 15.04. zu 07.05. (der 26.04. wäre der Mittelwert und würde der Bewertung 3,5 entsprechen).

Volk 1 wurde der Honigraum am 15.04. freigegeben, also 11 vor dem Mittelwert. Für jeden Tag wird ein Schritt von 0,1 verwendet. Das Volk bekam den Honigraum 11 Tage vor dem Durchschnittsdatum.

Die Bewertung wäre also 11 x 0,1 = 1,1 besser als der Durchschnitt. Bewertung für Volk 1 deshalb (3,5 plus 1,1) = 4,5

Volk 2 wurde der Honigraum am 19.04., also 7 Tage vor dem Durchschnitt freigegeben.

Bewertung für Volk 2 wäre dann (3,5 + 0,7) = 4,2

usw.

Vitalität Bienen

Dieser Bewertungspunkt wird zur Sommersonnenwende (um den 21.06.) erhoben. Ich gehe davon aus, dass ein normales Bienenvolk um diese Zeit den höchsten Entwicklungsstand hat und auch Schwachpunkte (Krankheitsanzeichen) zu diesem Zeitpunkt am besten zu erkennen sind.

Zum Abschätzen der Bienen wäre die sog. Liebefelder Schätzmethode ein geeignetes Messverfahren. Es reicht aber aus, die besetzten Waben zu zählen. Wird als Honigraum ein halbhoher Aufsatz verwendet, werden die besetzten Honigraumwaben auf das Brutwabenmaß umgerechnet. Evtl. Schwachpunkte werden abgewertet.

Beispiel: Dadant mit halbhohen Honigraum.

Im Brutraum sind 10 Waben besetzt. Es hat 2 besetzte Honigräume. Der Wert wäre dann 10 Brutraumwaben +(20 Honigraumwaben geteilt durch 2) = 20 Waben.

Wie in den Beispielen zuvor werden wieder alle Völker eines Standes bewertet.

Beispiel: Standort A

Volk 1 : 20 Waben, Volk 2 : 25 Waben, Volk 3 : 10 Waben.

Der Mittelwert wäre (20+25+10 = 55) : 3 = 18,3 Waben (entspricht Bewertung 3,5).

Bewertung für Volk 1:

20 Waben x 3,5 : 18,3 (Durchschnitt) = 3,8

Die Bewertung für Volk 1 wäre dann 3,8

usw.

Vitalität Brut

Hier wird wie bei der Bewertung der Bienen verfahren. Es werden jeweils die Anzahl der Brutwaben gezählt. Gezählt wird jede Wabe, auf der Brutzellen zu finden sind. Große Brutlücken, beim Schlupf stecken gebliebene Bienen, usw. führen zur Abwertung.

Die Berechnung der einzelnen Völker eines Standes erfolgt wie vorher geschildert.

Mein Zuchtziel:

Bei gleicher Volksstärke um diese Jahreszeit werden die Völker bei der Zucht bevorzugt, die die geringere Brutmenge haben.

Schwarmtrieb

In der Schwarmperiode wird notiert, ob und wie oft die Völker Schwarmzellen ansetzen.

Es wird wieder die Bewertungsskala von 1 (Volk ist abgeschwärmt) bis 6 (Volk hatte keine Schwarmzellen) herangezogen.

Die Bewertung 6 wird nur bei Völkern verwendet, die in 3 Bewertungsjahren keine Schwarmzellen angesetzt haben.

Beispiel:

Im 1. Bewertungsjahr keine Zellen = „5“.

Im 2. Bewertungsjahr keine Zellen, ebenfalls „5“.

Im 3. Bewertungsjahr immer noch keine Zellen, dann erst „6“.

Bei der Bewertung des Schwarmtriebs sollte man bedenken, dass der Schwarmakt der natürliche Vermehrungsvorgang bei den Bienen ist. Derart elementare Verhalten sind sehr tief im Erbgut verankert. Bienenvölkern, die sich auf natürliche Weise nicht mehr vermehren wollen oder können, wird es auch an Vitalität und Lebenskraft mangeln.

Auch hier gilt es für die Zucht das richtige Augenmaß zu finden. Ein leicht lenkbarer Schwarmtrieb reicht mir als Zuchtziel.

Sanftmut

Die Bewertungsskala reicht von 1 (Volk ist nur mit Schutzkleidung und permanentem Raucheinsatz zu bearbeiten) bis 6 (Volk ist diesbezüglich herausragend. Siehe dazu Erläuterungen beim Schwarmtrieb).

Bei den Abstufungen sind zudem die jeweiligen Wetterverhältnisse zu beachten.

Extreme Sanftmut ist bei mir nicht erwünscht. Ich befürchte, dass derartige Völker jegliches Verteidigungsverhalten verloren haben. Passives Verhalten gegenüber Varroen und/oder Räubern kann fatale Folgen haben.

Ausgeschlossen von der Zucht werden Völker, die nur mit Smoker zu beruhigen sind!

Wabenstetigkeit

Bienen, die bei der Kontrolle der Waben sitzen bleiben, also weder auffliegen, noch schnell auf den Waben herumlaufen oder gar eine große Traube an der Wabenecke bilden, sind leichter zu bearbeiten.

Aber auch hier sollten Extreme vermieden werden. Völker, deren Waben man nur mit „Gewaltanwendung“ von den Bienen befreit werden können, sind nicht erwünscht.

Auch hier wird von 1 (Bienen verlassen die Wabe) bis 6 (Volk ist diesbezüglich herausragend, siehe dazu Erläuterungen beim Schwarmtrieb) bewertet.

Honigertrag Frühling, Sommer, ggf. Herbst

Hier wird wieder das schon vorgestellte Berechnungsschema angewandt.

Der Honigertrag der Völker eines Standes wird ermittelt (geschätzt oder gewogen). Anschließend wird der Mittelwert für den jeweiligen Stand gebildet. Schließlich wird wieder mit der vorgestellten „Dreisatzrechnung“ der Bewertungswert des jeweiligen Volkes gebildet.

Wirrbau

Die Bewertungsskala reicht wieder von 1 (Wirrbau zwischen und über/unter den Rähmchen) bis 6 (auch hier gilt die unter Schwarmtrieb erläuterte Einschränkung!)

Natürlich muss darauf geachtet werden, dass die Rähmchenabstände stimmen.

Propolis

Die Bewertungsskala reicht wieder von 1 (der ganze Bienenkasten ist immer mit Propolis verkleistert, Waben lassen sich nur mit großer Kraftanstrengung lösen) bis 6 (auch hier gilt die unter Schwarmtrieb erläuterte Einschränkung!)

Meine Bienen dürfen das ganze Jahr über Propolis verwenden. Für die Zucht werden Völker bevorzugt, die Propolis verwenden.

Begründung:

Der Imker verwendet Propolisprodukte für allerlei Krankheiten (Entzündungen, Viruserkrankungen, usw.). Unsere Bienen verwenden Propolis, um ihre „überbevölkerte“ Behausung steril zu halten.

Gerade in Zeiten, in denen viele Bienenvölker Viruserkrankungen zum Opfer fallen, muss der eigene Schutzmechanismus der Bienen auf jeden Fall aufrechterhalten werden.

Varroabefall

Eine große Gefahr für das Überleben unserer Bienen stellt die Varroamilbe dar.

Der Varroabefall wird bei mir zwei Mal im Jahr ermittelt (Anfang Juli und im September nach der Auffütterung) mittels der sog. Alkoholauswasch-Methode ermittelt oder ein Mal (wenn im Sommer mittels Scalvinikäfig eine Brutpause erzwungen wird).

Die ermittelten Zahlen werden wieder mit der schon vorgestellten Umrechnungsmethode in Bewertungszahlen umgesetzt.

Zusätzlich wird bei mir noch notiert, ob ein Volk gegen die Varroa behandelt wurde oder nicht.

Zum Ausschluss für die Zucht führt zudem Kalkbrutanfälligkeit oder starker Virenbefall (DWV Virus).

Völker, die Kalkbrut oder einen hohen Virenbefall zeigen, werden sofort umgeweiselt.

Zusammenfassung

Ein gewisses Augenmaß und Fingerspitzengefühl des Imkers sind bei der Bewertung unerlässlich. Zudem hat jeder Imker andere Vorstellungen in der Auswahl der Zuchtvölker. Bei mir gilt folgende Reihenfolge:

  • Varroabefall,
  • Honigertrag,
  • Überwinterung, Frühjahrsentwicklung,
  • Volksstärke (Völker, die bei gleicher Volksstärke eine geringere Anzahl an Brutwaben haben, werden bevorzugt),
  • Schwarmträgheit,
  • Sanftmut.

Die anderen Eigenschaften werden erst dann herangezogen, wenn mehrere Völker in diesen Kriterien gleichauf liegen.

Abweichend davon wird bei neuen Zuchtvorhaben vorrangig nach dem definierten Zuchtziel (z. B. VSH-Selektion) ausgewählt.

Josef Koller – November 2020